Vom berühmten Bernabeu-Stadion zum EM-Gold

Annette Funck: Erst stimulierender Besuch in Ronaldos Real-"Heimat", dann Medaillen-Sprint zum schnellsten Hürden-Ass Europas ab 35

WALSRODE (ta). Annette Funck hat es wieder einmal geschafft. Die Walsroder Ausnahmeathletin hat erneut ihre große Stärke unter Beweis gestellt: Die Fertigkeit, auf den Punkt genau, wenn es darauf ankommt, eine Topleistung abzurufen.
Bei den Leichtathletik-Europameisterschaften der Senioren in Madrid am Wochenende legte sie einen furiosen Lauf über ihre Paradedisziplin, hin und belohnte sich in ihrer Altersklasse, der W40, mit dem Titelgewinn im Hürdensprint (wie kurz berichtet).
Begleitet von Ehemann Andrè und Freunden und nach dem vor zwei Wochen errungenen Deutschen Meistertitel, hatte das Walsroder Hürden-Ass die Reise in die spanische Hauptstadt in Topform angetreten. Das von der Hürdensprinterin selbst ausgegebene Ziel war klar: eine Medaille sollte sich beim Rückflug nach Deutschland auf jeden Fall,im Gepäck befinden. Wer die ehrgeizige Spitzenathletin kennt, weiß aber, dass Funck die Goldmedaille fest ins Visier genommen hatte. Mit Blick auf die Meldeliste und die Konkurrentinnen konnte man allerdings von einem recht engen und knappen Rennen um die Podestplätze ausgehen.
Dementsprechend angespannt und fokussiert ging die Walsroderin in das Rennen um den EM-Titel. Ein Besuch des legendären Estadio Santiago Bernabeu, der Heimspielstätte von Real Madrid und Weltfußballer Ronaldo, diente der Walsroder Delegation dabei einen Tag vor dem Rennen als gelungene Einstimmung und Inspiration für sportliche Großtaten.
Im EM-Finale kam es dann anders als prognostiziert: Das erwartet enge Rennen blieb aus. Funck zeigte einen ganz starken Final-Lauf und ließ der Konkurrenz am Freitagabend von Anfang an keine Chance. Auch die recht späte und für die Athletin ungewohnte Startzeit - um 22 Uhr - brachte Funck, die sich perfekt auf den Wettkampf eingestellt hatte, nicht aus dem Konzept. Bereits ab der zweiten Hürde konnte sie sich deutlich vom Rest des Feldes absetzen. In einer überragenden Zeit von 8,76 Sekunden, nur knapp am deutschen Rekord in dieser Altersklasse vorbei, sicherte sie sich am Ende souverän den Sieg und krönte ihre Leistung mit dem Europameister-Titel.
Als stärkste Gegnerin entpuppte sich, wie schon bei Funcks Senioren Weltmeistertitel 2014 in Budapest, die Portugiesin Susana Estriga. Estriga musste sich abermals mit Rang zwei begnügen und folgte der Walsroderin mit deutlichem Abstand in einer Zeit von 9,04 Sekunden.
Im Anschluss zeigte sich die erfolgreiche Walsroder Athletin überglücklich darüber, dass sich die sportlichen Mühen der vergangenen Monate und Jahre sowie insbesondere das intensive Training mit Trainer und Ehemann Andrè, nun in Form von zwei großen Titeln innerhalb von zwei Wochen bei DM und EM ausgezahlt haben.
Für Funck war es ein langer Weg zum EM-Titel 2018. Nach der gewonnenen WM 2014 hatte sie mit starken Achillessehnen-Problemen zu kämpfen, die eine Operation und eine monatelange Trainings- sowie eine noch längere Wettkampfpause nach sich zogen.
Umso bemerkenswerter ist nun dieses auch internationale Comeback der akribisch trainierenden Lehrerin und mehrfachen Mutter.
Wie hoch dieser Erfolg sportlich einzuordnen ist, zeigt sich daran, dass Annette Funck seit dem Wochenende nicht nur die schnellste Hürdensprinterin Deutschlands im Seniorenbereich (ab 35 Jahren beginnend), sondern auch Europas ist. In der jüngeren Altersklasse, der W35, lief die Siegerin aus Spanien 9,16 Sekunden über die 60-Meter-Hürden-Strecke und damit langsamer als Funck, die damit die beste Hürdensprinterin des Kontinents über 35 Jahre ist. Zudem finden sich derzeit auch im globalen Maßstab keine Hürdensprinterinnen im Seniorenbereich, deren Zeiten die,Walsroderin nicht gewachsen wäre.